Psychische Stabilität – „Nur wer psychisch gesund ist wird verbeamtet?“ 

Tim Volkensfeld | 20. März 2024
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Eine glückliche Studentin

Rund 30 % aller Lehrkräfte erleidet in seiner/ihrer beruflichen Laufbahn ein Burn-Out. Jeder 4.-6. Studierende hatte im Laufe des Studiums Burn-Out, Depressionen oder eine andere psychische Erkrankung. Die Angst vor der Ablehnung der Verbeamtung durch eine Therapie oder eine Diagnose einer psychischen Erkrankung ist so groß, dass sich keiner Hilfe holt. Warum das so ist und wie du psychisch fit bleibst, erfährst du hier. 

Ein leeres Klassenzimmer

Lehrer*innen sind faul?! 

„Lehrer sind faul!“ Das war die Aussagen unseres ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Allgemein bekannt ist doch: Lehrer haben Ferien, haben häufig nachmittags frei und müssen ja nur ein paar Kindern etwas beibringen. Laut einer Studie von 2015 sind Lehrer*innen sportlicher, haben seltener Übergewicht und rauchen nur halb so viel wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Lehrer*innen lassen sich durchschnittlich weniger Krankschreiben oder früher Pensionieren. Warum erkranken Lehrer*innen, trotz gesünderem Herz-Kreislaufsystem, häufiger an psychischen Erkrankungen als der Rest der Bevölkerung? 

Lehrer*innen haben viel Freizeit?! 

Lehrer*innen klagen oft über Bluthochdruck, Erschöpfung, Müdigkeit, Anspannung oder Kopfschmerzen. Gründe dafür sind, laut Aussagen von Lehrkräften, meist ein hohes Anspannungsniveau über einen langen Zeitraum und eingeschränkte Erholungszeiten. Der Alltag sieht oft gar nicht so rosig und entspannt aus, wie es sich die meisten vorstellen. Lehrer*innen stehen unter dauerhafter Beobachtung und Bewertung. Schüler*innen orientieren sich am meisten an ihren Lehrer*innen und auch andere Lehrkräfte und Eltern bewerten die Leistung dauerhaft. Zudem ist der Nachmittag zur „freien Gestaltung“ meist gefüllt von Korrekturen, Unterrichtsvorbereitung, gelegentlichen Konferenzen und Besprechungen und dann kommt auch noch der Alltag mit Familie, Haushalt und Hobbys hinzu. Oft suchen sich Lehrkräfte auch Sportarten, die weniger Entspannungsausgleiche schaffen und genauso Druck aufbauen. Lehrer*innen sind die meistvertretene Gruppe bei Marathonläufen. Die Freizeit ist dann doch gar nicht mal so frei und die Phasen zwischen den Ferien lang. Der höchste Druck für Lehrkräfte ist das Referendariat, der Start in den Berufsalltag beginnt also direkt mit Stress. 

Wer psychisch nicht gesund ist, wird nicht verbeamtet?! 

Jeder 4.-6. Studierende erleidet im Studium eine psychische Erkrankung. Doch helfen lassen sich nur die Wenigsten. Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Der Eintrag einer psychosomatischen Behandlung in der Krankenakte kostet die Verbeamtung!“ So ist zumindest die allseits bekannte Annahme. Lehramtsstudierende wollen kein Risiko der Ablehnung eingehen und lassen sich deswegen lieber nicht untersuchen. Doch auch bekannt ist, dass die rechtzeitige Diagnose und Behandlung langfristige psychische Erkrankungen vorbeugen. Der Druck muss von einer therapeutischen Behandlung genommen werden. Und das wird er mittlerweile immer mehr. Es ist mittlerweile sehr unwahrscheinlich, dass jemand wegen einer Psychotherapie nicht verbeamtet wird. Das Hilfesuchen bei psychischen Problemen wird von einigen Ärzten sogar als positiv bewertet. In der Einzelfallbetrachtung wird abgewogen, ob die psychische Erkrankung Auswirkungen auf das Berufsleben hat. Das klingt erstmal vielversprechend, dennoch gibt es keine Garantie, dass alle Amtsärzt*innen eine Psychotherapie für unproblematisch einstufen und deswegen ist immer noch eine Unsicherheit da. Positive Gutachten von Therapeut*innen können den Verbeamtungsprozess unterstützen. 

Der Staat verhindert psychisch gesunde Beamte?! 

Der Staat will sich absichern, dass Lehrkräfte für die Leistungen des Beamtenstatus auch voll und gesund arbeiten können. Vor allem wegen der Burn-Out-Rate wird die psychische Belastbarkeit geprüft. Wer psychische Vorerkrankungen hat, körperliche nicht fit ist oder chronische Erkrankungen hat, wird genau beäugt und möglicherweise für den Beamtenstatus ausgeschlossen. Den ganzen Gesundheitsstatus anhand von einer Untersuchung festzumachen, ist recht vage. Und auch eine psychische Gesundheit zu fordern, aber Hürden schaffen, um die psychische Gesundheit aufrechtzuerhalten, erscheint paradox. Die Amtsärzt*innen haben die Aufgabe den Einzelfall zu betrachten, doch durch die fehlenden offiziellen und einheitlichen Richtlinien kann die Bewertung bei Ärzt*innen sehr unterschiedlich ausfallen, was mehr Angst und Druck auf der Thematik aufbaut. So vermeiden Studierende die psychische Hilfe lieber, anstatt mit einer Behandlung ihre psychische Stabilität zu sichern, wodurch sich die Katze in den eigenen Schwanz beißt, sowohl der Staat als auch die Studierenden. 

Auch die Versicherung steht auf dem Spiel?! 

Auch die Krankenversicherung begutachtet deine Gesundheit genau. Personen mit jeglichen Erkrankungen zahlen oft einen Risikozuschlag oder werden abgelehnt, vor allem mit einer Psychotherapie in der Krankenakte. Private Krankenkassen arbeiten nach dem Äquivalenzprinzip, es wird das individuelle Risiko und die gewählten Leistungen betrachtet und so der Tarif kalkuliert. Deshalb ist es sinnvoll sich direkt zu Beginn des Studiums über die PKV-Kassen zu informieren und dort den Gesundheitsstatus durch eine Anwartschaft einfrieren zu lassen, solange du gesund und fit bist. So hat eine spätere Therapie oder auch andere Krankheiten keinen Einfluss auf deine Aufnahme bei der privaten Krankenkasse. Doch auch ohne eine Anwartschaft wirst du in eine PKV aufgenommen, da viele private Krankenkassen eine freiwillige Selbstverpflichtung haben, wodurch auch Menschen aufgenommen werden, die normalerweise nicht versichert werden. Jedoch muss dann mit hohen Tarifen und Risikozuschlägen gerechnet werden. 

Tipps für die psychische Gesundheit 

  • Ehrenamtliche Seelsorge taucht nicht in deiner Krankenakte auf 
  • Private Bezahlung: Therapie taucht nicht in deiner Krankenakte auf (außer Medikamente und offizielle Diagnosen) 
  • Psychische Beratung an Hochschulen annehmen 
  • Die Gesundheit geht vor! Erst du, dann der Beruf! 
  • Für die Versicherung: Anwartschaft bei PKV zu Beginn des Studiums machen (alles, was nach der Anwartschaft in deinem Studium an Krankheit auftaucht, bewertet deine PKV nicht) 
  • Recht auf Widerspruch: Bei Ablehnung kann so dein Einzelfall noch einmal genauer betrachtet werden 
  • Erkundige dich, welcher Arzt, welche Vorgehensweisen hat. (Erfahrungen von anderen einholen) 
  • Fit bleiben! Lieber entspannte Bewegung als Ausgleich als kompetitive Sportarten 
  • Life-Work-Balance
  • Wer sich trotzdem bis zur Verbeamtung gegen eine Therapie entscheidet, sollte eine therapeutische Untersuchung nach der Verbeamtung nachholen! 

Dieser Artikel wurde von Tim Volkensfeld verfasst

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