Inklusion in der Schule – Eine Sache für Förderschulen? 

Thomas Kowatsch | 20. März 2024
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Eine junge Lehrerin in einem Klassenraum

Es gibt Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen, Werkrealschulen, Gymnasien, Berufsschulen und Förderschulen. Das scheint doch ganz übersichtlich zu sein und jeder hat seinen Platz, da wo er für seine Bedürfnisse gefördert wird. Doch so einfach ist das nicht! Das strickt getrennte Schulsystem funktioniert nicht mehr und die Grenzen verschwimmen. Der inklusive Schulalltag ist eine bunt gemischte stark heterogene Klasse mit Schüler*innen, die unterschiedliche Förderung für das optimale Lernen brauchen. Warum das so ist und wie du dich darauf vorbereiten kannst, erklären wir hier. 

Stifte liegen nebeneinander

Was bedeutet Inklusion? 

Im Bereich der Soziologie beschreibt Inklusion eine Gesellschaft, in der jeder Mensch akzeptiert und gleichberechtigt ist und selbstbestimmte Teilhabe an dieser Gesellschaft hat. Dies gestaltet sich unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, sozialem Hintergrund und Behinderung. Damit kann man zu dem Ergebnis kommen, dass eine inklusive Gesellschaft eigentlich keine definierte Normalität hat, die jeder erfüllen muss, um zur Gesellschaft dazu zugehören. Überträgt man diesen Ansatz auf die Schule, beschreibt die inklusive Pädagogik eine Kultur der Wertschätzung und Vielfalt. Es wird nicht in homogene Gruppen separiert, sondern alle haben den gleichen Zugang zu jeder Bildungseinrichtung, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, sozialem Hintergrund, Religion oder Behinderung. Inklusion bezieht sich also nicht, wie alle denken, nur auf das Einbeziehen von Schüler*innen mit Behinderung in allgemeinbildende Schulen, sondern schließt alle mit ein, denn jeder muss anders gefördert werden, um optimal lernen zu können. Schule ist heterogen! 

Rechtliche Grundlage 

Inklusion ist nicht nur ein gesellschaftliches Wunschkonstrukt, sondern rechtlich festgelegt. Die UN-Behindertenrechtskonvention hat das Recht auf Inklusion festgeschrieben. Diese Konvention ist ein Übereinkommen, die 178 UN-Staaten, darunter auch Deutschland, unterschrieben haben und somit von allen eingehalten werden muss. Seit 2006 fordert die UN-Behindertenrechtskonvention, dass ALLE Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Inklusion ist ein Menschenrecht. Die Umsetzung von Inklusion in Deutschland ist jedoch ein Prozess, der schon einiges erreicht hat, dennoch ist bei vielen Punkten noch Handlungsbedarf. 

Inklusion in der Schule 

Oft ist das Einbinden von Schüler*innen mit Behinderungen die erste Assoziation beim Thema Inklusion. Dieser Schein trügt, denn jeder hat einen individuellen Förderbedarf, dessen Ausgleich mehr oder weniger anspruchsvoll sein kann. Dementsprechend findet Inklusion an jeder Schule statt, auch wenn keine Schüler*innen mit Behinderungen an der Schule sind. Die Vorgehensweisen und die jeweilige Schulalltagsgestaltung sind dennoch ein wenig anders. 

Inklusion von Schüler*innen mit Behinderung 

Bis vor einigen Jahren war klar: Schüler*innen mit einer Behinderung gehen an dafür vorgesehene Schulen. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention ist festgelegt worden, dass alle das gleiche Recht auf Bildungszugänge haben. Das bedeutet: Wer auf eine allgemeine Schule will, darf das auch! Eltern, deren Kinder, die durch eine Behinderung, eine spezifische Unterstützungsleitung brauchen, sollten sich an die jeweilige Bildungseinrichtung wenden. In Absprache mit der Einrichtung und dem staatlichen Schulamt wird der Einzelfall betrachtet und im Idealfall durch eine sonderpädagogische Diagnostik geklärt, ob ein Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot besteht. Meist wird dann das Besuchen einer für die Behinderung vorgesehene Förderschule empfohlen. Doch auch an allgemeinen Schulen gibt es sonderpädagogische Bildungsangebote. Jeder hat das Recht, sich gegen die Förderschule und für eine allgemeine Schule zu entscheiden. 

An einer allgemeinbildenden Schule wird in einer Bildungswegkonferenz besprochen, wie die Förderung aussieht und wie der Lernort und der Lerninhalt angepasst werden muss. 

Heterogenität 

Auch in Klassen ohne Schüler*innen mit Behinderungen ist innerhalb des inklusiven Gedankens die optimale Förderung aller Schüler*innen im Fokus. Heterogenität zieht immer einen differenzierten Unterricht mit sich. Das ist zwar aufwendig und verbraucht viele Ressourcen, aber notwendig. Für die optimale Förderung gibt es verschiedene Möglichkeiten, die von Schule zu Schule variieren. Förderpläne, Niveaustufen zur Differenzierung, verschiedene Formen von Hilfestellung oder Lernhelfer sind nur eine grobe Aufzählung an Möglichkeiten. 

Bedeutung für Lehrkräfte 

Inklusion ist aufwendig und viele Lehrkräfte sehen sich dafür nicht ausreichend genug vorbereitet. Es fehlt an Theorie und Praxis in den Studiengängen für Lehramt an allgemeinbildenden Schulen. Viele Schulen haben schon räumlich gesehen gar nicht die Kapazitäten, wirklich jedem Kind eine optimale Förderung zu bieten. Es fehlt an passendem Material, was daran liegt, dass jede Klasse anders ist und man individuelle Förderung einfach schwer verallgemeinern kann. Es braucht viel mehr Unterrichtsmaterial, Methodenwechsel, Motivation, Unterstützung und Kraft. Dennoch muss Inklusion stattfinden und erweitert werden. Es nützt nichts sich darüber aufzuregen und zu resignieren, denn das bringt einen nicht weiter. Den Prozess voranbringen, das ist die Aufgabe von Lehrkräften. Gegenseitig unterstützen, als Team agieren, nicht nur im Lehrerzimmer, sondern auch über die Schule hinaus. Nimm Hilfe von anderen Fachbereichen an. Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Lernbegleiter, Schulpsychologen, diese und noch mehr Fachbereiche können eine inklusive Schule bereichern. Du musst nicht Fachspezialist*in für all diese Themen gleichzeitig sein, hol dir die Expertise von außen!  

Stelle dein erarbeitetes Material und deine Erfahrungen für andere zur Verfügung. Umgang mit ähnlichen Beispielen können helfen, erste oder sogar zweite und dritte Maßnahmen für die optimale Förderung zu finden, damit man nicht alles von Grund auf neu erfinden muss. Schule muss in Sachen Inklusion und Heterogenität an einem Strang ziehen und offen für das neue sein. Das Alte hat sich nicht bewährt und das ist auch gut so. 

Nicht das Individuum muss sich an das System anpassen, sondern das System muss die Bedürfnisse aller Individuen berücksichtigen. Und um das zu erreichen, müssen alle an einem Strang ziehen. 

Dieser Artikel wurde von Thomas Kowatsch verfasst

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